Große Reform des europäischen Asylrechts zieht zahlreiche Gesetzesänderungen nach sich / Fehlende Regelungen zu qualifizierter Sprachmittlung gefährden rechtssichere Asylverfahren / BDÜ nimmt zu Gesetzentwürfen des Bundesinnenministeriums Stellung / Update 02.12.: Regierungsentwürfe im Parlamentarischen Verfahren
Nachdem im vergangenen Frühjahr die große Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) angestoßen und das EU-Asylrecht durch insgesamt sage und schreibe 11 EU-Rechtsakte verschärft wurde, müssen diese nun in deutsches Recht überführt werden. Dazu hat das Bundesministerium des Inneren und für Heimat (BMI) zwei Referentenentwürfe vorgelegt, nämlich zum GEAS-Anpassungsgesetz und zum GEAS-Anpassungsfolgegesetz, durch die eine Vielzahl bestehender deutscher Gesetze geändert wird.
BDÜ an Verbändeanhörung beteiligt
Auf kurzfristige Einladung des BMI nahm die Politische Geschäftsführerin des BDÜ Elvira Iannone an der vom Ministerium anberaumten Besprechung zur Verbändeanhörung gleich am Folgetag teil. Auch die Frist für die Abgabe der Stellungnahmen war äußerst kurz: Innerhalb gerade einmal einer Woche mussten unzählige Gesetzestexte – ein Papierstapel von gut 15 cm Höhe – gewälzt werden, um dann die Stellungnahmen im Schnelldurchlauf zu verfassen und fristgerecht zum 21. Oktober 2024 einreichen zu können. In diesen geht der Verband auf die Aspekte ein, die das Dolmetschen und Übersetzen im Asylverfahren und somit die von ihm vertretenen Berufe betreffen.
Anspruch auf und Zugang zu qualifizierten Dolmetschern und Übersetzern erforderlich
In erster Linie ist der Anspruch auf bzw. Zugang zu qualifizierten Dolmetschern und Übersetzern, wie er sich beispielsweise aus der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ableitet, nach aktuellem Kenntnisstand im gesamten Verfahren nicht ausreichend berücksichtigt. So insbesondere bei der Kommunikation im Rahmen der neu einzuführenden Einreisekontrollen an der EU-Außengrenze (für Deutschland: internationale Flug- und Seehäfen), den sogenannten Screenings, bei denen die Menschen bis zu einer Woche zur Identitätsfeststellung und -überprüfung festgehalten werden können und unter Umständen auch medizinische Untersuchungen stattfinden; oder bei den neu einzuführenden Möglichkeiten der Inhaftierung, in jedem Stadium des Verfahrens.
Beim Referentenentwurf zum Gesetz zur Anpassung des nationalen Rechts an die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS-Anpassungsgesetz) bezieht sich die Stellungnahme des BDÜ hauptsächlich auf vorgesehene Änderungen im Asylgesetz und im Aufenthaltsgesetz, wobei der Verband seine Forderungen in Bezug auf 1. die Behördenkommunikation, insbesondere auch bei möglicher Inhaftierung, 2. die Kommunikation im Rahmen der vorläufigen Gesundheitskontrolle sowie 3. die Sprachbestimmung für die Kommunikation mit Ausländern formuliert.
Beim Referentenentwurf zum Gesetz zur Änderung des AZRG und weiterer Gesetze in Folge der Anpassung des nationalen Rechts an das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS-Anpassungsfolgegesetz) betreffen die in der Stellungnahme des BDÜ formulierten Forderungen die Artikel 3 und 4 des Entwurfs, die im Wesentlichen die Gleichstellung von Minderjährigen im Asylverfahren mit Minderjährigen eigener Staatsangehörigkeit in der Gesundheitsversorgung und damit die Kostenübernahme für medizinische Leistungen durch die Krankenkassen zum Gegenstand haben. Allerdings ist noch keine Regelung zur Übernahme der Kosten für qualifizierte Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen vorgesehen, wie sie der BDÜ auch an anderer Stelle immer wieder fordert.
Auch im Asylrecht gilt: Sollen rechtsstaatliche Prinzipien gewahrt und die Europäische Menschenrechtskonvention eingehalten werden, müssen für die Kommunikation zwischen Staat und Individuum qualifizierte Dolmetscher und Übersetzer herangezogen werden.
Weiterführende Informationen:
Allgemeine Informationen des BMI zur Anpassung des deutschen Rechts an das Gemeinsame Europäische Asylsystem (GEAS)
Weitere Informationen des BMI zu den Gesetzesvorhaben
Pressemitteilung des BMI vom 11.10.2024
GEAS-Anpassungsgesetz
Referentenentwurf des BMI (11.10.2024)
Stellungnahme des BDÜ zum Referentenentwurf (21.10.2024)
Weitere Informationen des BMI zum Gesetzesvorhaben
GEAS-Anpassungsfolgegesetz
Referentenentwurf des BMI (18.09.2024)
Stellungnahme des BDÜ zum Referentenentwurf (21.10.2024)
Weitere Informationen des BMI zum Gesetzesvorhaben
Update 02.12.2024:
Die beiden Regierungsentwürfe sind nun im Parlamentarischen Verfahren. Der BDÜ hat auch zu diesen Stellung genommen, um seine Forderungen zu bekräftigen.
GEAS-Anpassungsgesetz
Regierungsentwurf (BT-Drs. 20/13963, 27.11.2024)
Stellungnahme des BDÜ zum Regierungsentwurf (02.12.2024)
Weitere Informationen zum Gesetzesvorhaben
GEAS-Anpassungsfolgegesetz
Regierungsentwurf (BT-Drs. 20/13964, 27.11.2024)