Qualifizierte Sprachmittlung in der Justiz: Höhere JVEG-Honorare und Kostenerstattung in Familienverfahren in Aussicht?

BDÜ nimmt erneut Stellung zu Gesetzesvorhaben: KostRÄG 2025 und Neuregelung VBVG / Verband bemängelt strukturelle Nicht-Berücksichtigung mehrsprachiger Kommunikation / Zeit drängt – auch für Erhöhung der JVEG-Honorare / Update 28.01.: Auch Regierungsfraktionen legen Gesetzentwurf zu VBVG vor

Gleich zwei Gesetzentwürfe „aus der Mitte des Bundestags“, die auch die qualifizierte Sprachmittlung betreffen, sind derzeit zur Beratung im Rechtsausschuss des Bundestags: Das Kostenrechtsänderungsgesetz (KostRÄG) 2025 und das Gesetz zur Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung. Beide Entwürfe wurden auf Antrag von der Fraktion der FDP eingebracht, unter deren Leitung vor dem Koalitionsbruch das für beide Gesetzesvorhaben federführende Bundesjustizministerium (BMJ) stand. Für eine mögliche Verabschiedung noch in dieser Legislatur müsste sich angesichts der vorgezogenen Neuwahlen Ende Februar eine Mehrheit der Abgeordneten für diese Änderungsvorschläge aussprechen – sachorientierte Politik in Zeiten des Wahlkampfes ist gefragt.

Zu beiden Gesetzesvorhaben hatte das BMJ bereits Referentenentwürfe vorgelegt und der BDÜ entsprechend Stellung bezogen. Aktuell weist der Verband auch auf die grundsätzliche strukturelle Problematik hin, dass der Bedarf an mehrsprachiger Kommunikation regelmäßig ausgeblendet wird: Sowohl Verfahrensbeistände, d. h. Vertreter Minderjähriger in Familienverfahren, als auch Betreuer und Vormünder müssen bisher die Kosten für Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen aus ihren Pauschalen, Aufwandsentschädigungen bzw. Honoraren bezahlen. Das führt insbesondere bei Betreuungs- und Vormundschaftssachen häufig dazu, dass solche Fälle abgelehnt werden, wenn Betreute bzw. Mündel die deutsche Sprache aus den unterschiedlichsten Gründen nicht (ausreichend) beherrschen. Für Verfahrensbeistände sieht der Entwurf des KostRÄG 2025 nun eine richtungsweisende Änderung vor.

Kostenrechtsänderungsgesetz (KostRÄG) 2025: Erhöhung der JVEG-Honorare und Kostenerstattung Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen für Verfahrensbeistände

Gemäß dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes und des Justizkostenrechts (KostRÄG) 2025 soll unter anderem auch die Vergütung von Dolmetschern und Übersetzern – im Rahmen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) – um 9 % erhöht werden. Dies hatte der BDÜ bereits in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf im Juli 2024 ausführlich kommentiert und dabei auch zum wiederholten Mal die ersatzlose Streichung des § 14 JVEG gefordert, der den Abschluss von Rahmenvereinbarungen zu deutlich niedrigeren Sätzen ermöglicht (siehe BDÜ-Meldung).

Neu im aktuellen Gesetzentwurf vorgesehen ist eine Überarbeitung und damit eine Erhöhung der Vergütung von Verfahrensbeiständen, also von Vertretern Minderjähriger bei Familienverfahren. Sie werden aktuell mit einer Pauschale bezahlt, die alle Kosten abdecken soll (Stichwort: Mischkalkulation). Allerdings auch solche für die Beauftragung von Übersetzern und Dolmetschern, wie das BGH in einem im November veröffentlichten Beschluss klarstellte (siehe BDÜ-Newsletter), was für einigen Wirbel sorgte. Vor diesem Hintergrund begrüßt der BDÜ den vorgelegten Vorschlag, dass – als einzige Posten außerhalb der Pauschale – Kosten für Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen erstattet werden sollen. Entsprechend geht der Verband in seiner aktualisierten Stellungnahme auch auf diesen Abschnitt ein, der eine Änderung des FamFG vorsieht.

Analoge Regelungen für Vormundschaft und Betreuung erforderlich

Angesichts dieser Entwicklung bei den Verfahrensbeiständen verwundert es umso mehr, dass in einem vergleichbaren Bereich, nämlich der Vormundschaft und Betreuung, nach wie vor keine klare Regelung in den aktuellen Gesetzentwurf Eingang gefunden hat. Nicht nur der BDÜ hatte dies bereits in seiner Stellungnahme zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung und zur Entlastung von Betreuungsgerichten und Betreuern bemängelt (siehe BDÜ-Meldung), sondern auch der Bundesverband der Berufsbetreuer*innen (BdB; siehe deren Stellungnahme).

Das vorgenannte Beispiel der Verfahrensbeistände zeigt, wie hier mit einer gesetzlichen Regelung zu Anspruch und Kostenerstattung von Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen Abhilfe geschaffen werden kann. Darauf weist der BDÜ auch in seiner aktualisierten Stellungnahme hin, die vom Bundesverband der GebärdensprachdolmetscherInnen Deutschlands e.V. (BGSD) unterstützt wird. Denn:

Auch Deutsche Gebärdensprache muss gedolmetscht werden

Bei all diesen Fragen ist immer zu berücksichtigen, dass auch gehörlose oder schwerhörige Menschen von Kommunikationsbarrieren betroffen sind. In rechtlich relevanten Verfahren haben sie allein schon gemäß dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) einen Anspruch auf eine Verdolmetschung aus der bzw. in die – als vollwertige eigenständige Sprache anerkannte – Deutsche Gebärdensprache. Für (Deutsche) Gebärdensprache muss genauso gedolmetscht werden wie für Lautsprachen. Daher fordert der BDÜ im Schulterschluss mit dem BGSD, dass das Dolmetschen in allen Gesetzestexten immer das Gebärdensprachdolmetschen mitbezeichnet.


Update 28.01.2025:

Zur Neuregelung der Vormünder- und Betreuervergütung haben auch die Regierungsfraktionen (SPD und B90/GRÜNE) am 16.01.2025 einen Antrag gestellt, zu dem der BDÜ seine wortgleiche Stellungnahme eingereicht hat – erneut mit Unterstützung durch den BGSD e.V.
 

Weiterführende Informationen:

KostRÄG 2025:

Gesetzentwurf der FDP-Fraktion (BT-Drs. 20/14264, 17.12.2024)

Stellungnahme des BDÜ zum Gesetzentwurf (17.01.2025)
(mit Anlagen wie in der Stellungnahme zum BMJ-Referentenenwurf)

Stellungnahme des BGSD e.V. (23.01.2025), mit Verweis auf die BDÜ-Stellungnahme

Weitere Informationen des Bundestags zum Gesetzesvorhaben

Neuregelung VBVG:

Gesetzentwurf der FDP-Fraktion (BT-Drs. 20/14259, 17.12.2024)

Stellungnahme des BDÜ zum Gesetzentwurf der FDP-Fraktion (17.01.2025), unterstützt vom BGSD e.V.

Weitere Informationen des Bundestags zum Gesetzesvorhaben (Antrag FDP-Fraktion)

Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen SPD und B90/GRÜNE (BT-Drs. 20/14525, 16.01.2025)

Stellungnahme des BDÜ zum Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen (28.01.2025), unterstützt vom BGSD e.V.

Weitere Informationen des Bundestags zum Gesetzesvorhaben (Antrag Regierungsfraktionen)

Partnerverbände:

Bundesverband der Berufsbetreuer*innen (BdB): www.berufsbetreuung.de

Bundesverband der GebärdensprachdolmetscherInnen Deutschlands e.V. (BGSD): www.bgsd.de 


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