BDÜ fordert Festschreibung des Anspruchs auf Sprachmittlung im Gesetz / Anhörung im Gesundheitsausschuss / Verband reicht erneut Stellungnahme ein / Update 28.11.: Änderungsantrag Sprachmittlung der Regierungsfraktionen
Anlässlich der für heute angekündigten Anhörung im Gesundheitsausschuss des Bundestags zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Gesundheitsversorgung in der Kommune (Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz GVSG) hat der BDÜ seine im Frühjahr verfasste Stellungnahme zum Referentenentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) aktualisiert und beim Gesundheitsausschuss eingereicht. In dieser Stellungnahme weist der Verband nicht nur erneut auf seine langjährigen Forderungen zum Thema Sprachmittlung im Gesundheitswesen und sein Modell für eine Umsetzung hin (siehe auch BDÜ-Meldung), sondern fordert auch eine Festschreibung des Anspruchs auf Sprachmittlung im Fünften Sozialgesetzbuch (SGB V). Nur so kann den besonderen kommunikativen Bedürfnissen von Menschen, die (noch) nicht bzw. nicht mehr (ausreichend) Deutsch beherrschen, Rechnung getragen und damit die Diskriminierung aufgrund von Sprache verhindert werden.
Der erste BMG-Referentenentwurf sah zunächst noch einen niedrigschwelligen Zugang zur Gesundheitsversorgung über sogenannte Gesundheitskioske vor, die ihre Beratungs-, Präventions- und Unterstützungsleistungen unabhängig vom Versichertenstatus und insbesondere auch fremdsprachig erbringen sollten. Nach der Ressortabstimmung fielen diese jedoch den Bedenken aus dem Bundesfinanzministerium zum Opfer. (Siehe auch die entsprechende BDÜ-Meldung.)
Die Liste der Anträge und Stellungnahmen zum nach 1. Lesung im Bundestag dem Gesundheitsausschuss zugewiesenen Regierungsentwurf ist lang: Angesichts des von der aktuellen Regierungskrise ausgelösten Zeitdrucks für die Verabschiedung noch anstehender Gesetzesvorhaben herrscht Unsicherheit, für welche Gesetze während einer verkürzten Legislaturperiode überhaupt noch die erforderlichen Mehrheiten zustande kommen. Daher versuchen viele Interessenvertretungen, weitere Aspekte, die in anderen Gesetzgebungsverfahren zum Gesundheitswesen geregelt werden sollten, im GVSG unterzubringen. Die Chancen, dass nach der Verschärfung des migrationspolitischen Diskurses der letzten Monate und in herausfordernden Zeiten doch noch eine Kostenübernahme für die Sprachmittlung im Gesundheitswesen gesetzlich verankert werden kann, waren bereits erheblich gesunken. Nach dem Platzen der Regierungskoalition tendiert die Wahrscheinlichkeit gegen null.
Auch von den vielen weiteren für den Arbeitsalltag von Übersetzern und Dolmetschern relevanten Gesetzesvorhaben – z. B. Digitalisierung, Altersvorsorge, Entlastungen – sind einige noch gar nicht im Parlamentarischen Verfahren. Und wenn doch, dann ist auch bei diesen nicht klar, ob sie überhaupt noch eine Mehrheit im Parlament finden.
Weiterführende Informationen:
Anhörung im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestags (13.11.2024)
Regierungsentwurf zum geplanten Gesetz (BT-Drs. 20/11853, 17.06.2024)
Stellungnahme des BDÜ zum Regierungsentwurf (11.11.2024)
Update 28.11.2024:
Vor dem Hintergrund der eine Woche zuvor geplatzten Regierungskoalition war bis zuletzt unklar, ob die Sitzung des Gesundheitsausschusses am 13. November überhaupt stattfinden würde. Unter welchen Druck die im Parlamentarischen Verfahren befindlichen Gesetzesvorhaben mit den jüngsten politischen Ereignissen gerieten, lässt sich am Beispiel des GVSG sehr anschaulich ablesen: Statt einer üblicherweise konsolidierten Liste von einigen wenigen Sachverständigen wurden kurzerhand rund 80 Fachverbände und Einzelexperten eingeladen, von denen etwa 50 an der Anhörung teilnahmen. Auch reichten die Bundestagsfraktionen bis zur letzten Minute Änderungsanträge ein, mit dem – weiter oben schon beschriebenen – Ziel, Aspekte ins GVSG einzubringen, die eigentlich in anderen, jetzt aber sicher nicht mehr zur Verabschiedung kommenden Gesetzen zum Gesundheitswesen geregelt werden sollten.
Für den BDÜ und den Berufsstand relevant ist der erst am Tag der Anhörung veröffentlichte Änderungsantrag 13 zur Sprachmittlung der Regierungsfraktionen SPD und Bündnis 90/Die Grünen (siehe S. 23/24 im Dokument mit den Anträgen 1 bis 18). Darin wird erstmals eine Formulierung für einen Gesetzestext zur Kostenübernahme von Sprachmittlungsleistungen vorgeschlagen, der allerdings lediglich das Ferndolmetschen abdeckt. Dazu nimmt der BDÜ ein weiteres Mal Stellung, um damit seinen unverändert gültigen Forderungen Nachdruck zu verleihen: Präsenzdolmetschen als Regelfall, Qualifikationsanforderungen analog zum Gebärdensprachdolmetschen im Gesundheitswesen, Finanzierung nicht allein zu Lasten der gesetzlich Versicherten, sondern – als gesamtgesellschaftliche Aufgabe – aus Steuermitteln.
In der verkürzten Legislaturperiode dürften allerdings gesundheitspolitische Themen keine für eine Verabschiedung notwendige – insbesondere von der CDU/CSU-Fraktion gestützte – Mehrheit im Bundestag mehr finden (siehe auch Artikel „Gesundheitspolitik: Gesetzgebung verliert den Faden“ im Deutschen Ärzteblatt).
Weiterführende Informationen:
Stellungnahme des BDÜ zum Änderungsantrag 13 Sprachmittlung (28.11.2024)