Selbstständigkeit und Einkommen im Alter: Wie steht es um die Vorsorge und wie geht es weiter?

BMAS legt Berichte zu Renteneinkommen und Alterssicherung vor / Selbstständige angeblich nicht ausreichend abgesichert / Rahmenbedingungen und staatliche Förderung reformbedürftig

Am 10. Dezember legte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales zum einen den Rentenversicherungsbericht 2024 vor, der die Entwicklungen in der gesetzlichen Rentenversicherung (gRV) zusammenfasst und Angaben zu den Rentenbezügen unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen (Paare, alleinstehende Männer bzw. Frauen, Ost und West) im Jahr 2023 macht. Es wird auch darauf hingewiesen, dass das gesamte Alterseinkommen sich oft aus den verschiedensten Quellen speist: neben der gRV häufig aus anderen Alterssicherungssystemen bzw. aus der privaten Altersvorsorge und/oder (zusätzlichem) Erwerbseinkommen.

Führt Selbstständigkeit zu prekären Einkommenssituationen im Alter?

Ergänzend wurde der Alterssicherungsbericht 2024 des Sozialbeirats vorgelegt, der im Durchschnitt eine gute Einkommenssituation im Alter feststellt. Allein schon die plakative Überschrift der dazu veröffentlichten stark vereinfachenden Heute-im-Bundestag-Meldung „Bei Selbstständigen und Betriebsrenten ist Luft nach oben“ – und die darauf folgende schlagzeilenorientierte Medienberichterstattung – macht allerdings deutlich, dass Selbstständigkeit und Freiberuflichkeit von politischer und gesellschaftlicher Seite nach wie vor als „Notlösung“ mangels Alternativen und automatische Vorstufe zur Altersarmut gesehen und als „atypische Beschäftigung“ abgewertet werden.

Dass die große Mehrzahl der Selbstständigen sich ganz bewusst und aus freien Stücken für diese Form der Erwerbstätigkeit entschieden hat und damit nicht nur erfolgreich ist, sondern auch eine bedeutende Wirtschaftskraft darstellt, wird regelmäßig ausgeblendet. So heißt es z. B. im Alterssicherungsbericht auf Seite 102: „Vermögensbestände, die unter den Selbstständigen auch eine wesentlich größere Bedeutung für die Vorsorge haben als in anderen Bevölkerungsgruppen, werden im Rahmen der ASID-Erhebung mit der Ausnahme von Wohneigentum […] nicht erfasst.“ Vorgesorgt wird von Selbstständigen also durchaus, ganz aus eigener Kraft, mit unterschiedlichsten, individuell zur Erwerbskarriere passenden Modellen – nur wird dies in solchen Berichten nicht berücksichtigt. Und weder steuerlich noch anderweitig staatlich gefördert.

Innovations- und Wirtschaftsmotor: Selbstständige besser fördern

Gerade beim Thema Altersvorsorge sehen sich Selbstständige – zu denen auch mehr als 90 Prozent der BDÜ-Mitglieder gehören – immer wieder systematisch benachteiligt: So waren sie z. B. im Referentenentwurf eines Gesetzes zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge (pAV-Reformgesetz) aus dem Bundesministerium der Finanzen nicht nur nicht berücksichtigt, sondern explizit von den staatlichen Fördermöglichkeiten ausgeschlossen (siehe BDÜ-Meldung).

Da zeigt sich die Gesetzesinitiative der FDP-Bundestagsfraktion mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Reform der steuerlich geförderten privaten Altersvorsorge und zur Einführung eines Altersvorsorgedepots (Altersvorsorgedepotgesetz) deutlich flexibler. Dieses würde die steuerlichen Fördermöglichkeiten wie auch das geplante Altersvorsorgedepot für Selbstständige öffnen. Zu begrüßen wäre dies auch vor dem Hintergrund, dass der Nachweis einer ausreichenden Vorsorge letztlich auch zu genaueren Kriterien für die Feststellung bzw. den frühzeitigen Ausschluss von Scheinselbstständigkeit beitragen würde (siehe dazu auch BDÜ-Meldung).

Bleibt abzuwarten, ob dieser Gesetzentwurf „aus der Mitte des Bundestags“ auch nach dem Ende der Regierungskoalition in einer sehr wahrscheinlich verkürzten Legislaturperiode noch eine Mehrheit findet und verabschiedet wird. Und damit auch einer über kurz oder lang absehbaren Altersvorsorgepflicht für Selbstständige mit Wahlfreiheit – wie sie im Koalitionsvertrag 2021 (siehe S. 59) vereinbart war – der Boden bereitet werden kann.


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