Kommunikation mit Geflüchteten aus der Ukraine: BDÜ warnt vor Überforderung freiwilliger Helfer

Hoher Bedarf an Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen erfordert kompetenzorientierte Aufgabenverteilung / Staatliche bzw. kommunale Koordinationsstellen und Hilfsorganisationen in der Verantwortung

Berlin, 11. Mai 2022 – Die Hilfsbereitschaft ist groß: Viele professionelle wie auch ehrenamtliche Freiwillige unterstützen die seit Ende Februar vor dem Krieg in der Ukraine geflüchteten Menschen in den unterschiedlichsten Situationen, wobei die Verständigung von zentraler Bedeutung ist. Überall wird händeringend nach Helfern mit Ukrainisch- oder Russischkenntnissen gesucht.

Schnell wurden dabei allerdings die Grenzen des Ehrenamtes deutlich: Viele Helfer fühlen sich zahlreichen Berichten zufolge sowohl emotional als auch mit den Anforderungen in komplexen Kommunikationssituationen überfordert. Sie sind längst an ihre Belastungsgrenzen gelangt.

Zu ihrem Schutz wie auch zu dem der Geflüchteten fordert der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) in seinem jüngsten Positionspapier, bei der Aufgabenverteilung klar zu differenzieren, in welchen Situationen eine einfache sprachliche Unterstützung durch ehrenamtliche Helfer ausreicht und wo unbedingt qualifizierte Dolmetscher und Übersetzer eingesetzt werden müssen.

Zweisprachige Freiwillige sind eine wichtige Hilfe bei der ersten Kontaktaufnahme. Sie können grundlegende kurze Informationen weitergeben, einfache Fragen beantworten und bei der Organisation der Grundversorgung oder von Terminen unterstützen. Wenn es aber in Gesprächen oder Texten um Informationen mit rechtlichen oder gar für die Gesundheit relevanten Folgen geht, können nur fachlich qualifizierte Dolmetscher und Übersetzer eine für alle Beteiligten sichere Verständigung gewährleisten. Sie haben in ihrer Ausbildung die notwendigen Kompetenzen, berufsethischen Prinzipien und das inhaltlich-fachliche Wissen erworben bzw. durch entsprechende Prüfungen unter Beweis gestellt. Durch ihre berufliche Tätigkeit haben sie die nötige Routine und Erfahrung.

Besonders bedenklich sind zudem Initiativen, die gezielt Kinder und Jugendliche zum Dolmetschen heranziehen. Wie nicht nur vom BDÜ immer wieder kritisiert wird, ist dies Ausbeutung und verstößt somit klar gegen die von Deutschland bereits vor gut 30 Jahren ratifizierte UN-Kinderrechtskonvention.

Die Hilfsbereitschaft der Freiwilligen darf nicht ausgenutzt werden – schon gar nicht unter dem Deckmantel des gemeinnützigen Ehrenamtes. Die staatlichen bzw. kommunalen Koordinationsstellen sowie Hilfsorganisationen stehen in der Verantwortung, diese wesentlichen Aufgaben zielgerecht zu vergeben. Ebenso haben sie für die Vor- und Nachbereitung von Dolmetscheinsätzen, insbesondere die Sensibilisierung von unerfahrenen Freiwilligen für ihre unterschiedlichen Rollen in einer Gesprächssituation, sowie für eine entsprechende Supervision zur Entlastung aller Helfer zu sorgen.


Relevante Informationen zum Thema:

BDÜ-Positionspapier zur Kommunikation mit Geflüchteten aus der Ukraine
Enthält auch Links zu weiteren Positionspapieren, z. B. zum Kinderdolmetschen bzw. zum „ehrenamtlichen“ Dolmetschen.
https://bdue.de/fileadmin/files/PDF/Positionspapiere/BDUe_PP_Kommunikation_Gefluechtete_Ukraine_2022.pdf

Online-Datenbank des BDÜ mit qualifizierten Sprachexperten
Kostenlose Suche nach Kommunikationsprofis; kann nach einer Reihe von Kriterien wie benötigter Sprachkombination, Fachgebiet und Postleitzahl gefiltert werden.
suche.bdue.de

Fachlisten bzw. Verzeichnisse mit qualifizierten Sprachexperten
Informationsseite für Auftraggeber
Kostenloser Download, z. B. Verzeichnisse „Übersetzer und Dolmetscher für seltene Sprachen“ und „Dolmetschen im Gesundheits- und im Gemeinwesen“
bdue.de/fuer-auftraggeber

BDÜ-Angebot für Organisationen zur Basis-Sensibilisierung von Laiendolmetschern
Zielgruppe: Laiendolmetscher, die ohne einschlägige Ausbildung bereits als Sprachmittler bei Einrichtungen des Gesundheits- und Gemeinwesens tätig sind, mindestens eine Fremdsprache sprechen, die in diesem Bereich aktuell relevant ist („Flüchtlingssprachen“) und über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache (mindestens B2 nach Europäischem Referenzrahmen) verfügen. Das Angebot versteht sich nicht als Ausbildung, sondern als Grundlagenschulung, die elementare Techniken vermitteln und Laien für die Anforderungen des professionellen Dolmetschens sensibilisieren will.
https://bdue.de/fileadmin/files/PDF/Publikationen/BDUe_Basissensibilisierung_Laiendolmetscher.pdf


Über den Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V. (BDÜ)
Der BDÜ ist mit mehr als 7.500 Mitgliedern der größte deutsche Berufsverband der Branche. Er repräsentiert etwa 80 Prozent aller organisierten Dolmetscher und Übersetzer in Deutschland und setzt sich seit 1955 für die Interessen seiner Mitglieder sowie des gesamten Berufsstands ein. Eine BDÜ-Mitgliedschaft stellt ein Qualitätssiegel für professionelle Leistungen im Übersetzen und Dolmetschen dar, da eine Aufnahme in den Verband nur mit entsprechender fachlicher Qualifikation möglich ist. Die als Kommunikationsexperten bundesweit für rund 90 Sprachen und eine Vielzahl von Fachgebieten gefragten BDÜ-Mitglieder sind in der Online-Datenbank auf der Verbandswebsite schnell und einfach zu finden.
 

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