Internationaler Tag der Kinderrechte: BDÜ fordert weiter Abschaffung des Kinderdolmetschens

Kinder und Jugendliche besser schützen / Kinderdolmetschen rechtlich und ethisch höchst bedenklich / BDÜ bekennt Farbe für Kinderrechte

Berlin, 20. November 2023 – Zum heutigen Internationalen Tag der Kinderrechte der Vereinten Nationen appelliert der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) erneut an alle Verantwortlichen, das Kinderdolmetschen abzuschaffen: Diese über Jahrzehnte der Migration und Flucht aus einem Notbehelf heraus institutionalisierte Praxis ist nicht nur ethisch zu verurteilen, sondern auch rechtlich unzulässig.

Kindeswohl gefährdet
Da Strukturen für die Bestellung von qualifizierten, angemessen vergüteten Dolmetschern in Deutschland nach wie vor fehlen und da Kinder und Jugendliche die Alltagssprache in einem neuen Land meist schneller erlernen als ihre Eltern, müssen sie oft in unterschiedlichsten, auch rechtlich und/oder medizinisch relevanten Gesprächen für ihre Angehörigen dolmetschen. Damit werden sie in aller Regel nicht nur inhaltlich, sprachlich und situativ überfordert, sondern auch in ihrer dem Alter entsprechenden Entwicklung beeinträchtigt – und leiden manchmal ein Leben lang an den Folgen.

Kinderdolmetschen nicht mit UN-Kinderrechtskonvention vereinbar
Wenn Kinder oder Jugendliche dolmetschen, führt dies unweigerlich zu Missverständnissen und Fehlern in der Kommunikation, die ohnehin meist nur lückenhaft ist (z. B. bei schwierigen oder schambehafteten Themen). So werden den Angehörigen selbst also wichtige Menschenrechte verwehrt. Diese Praxis steht darüber hinaus in mehrerlei Hinsicht der UN-Kinderrechtskonvention entgegen. Zu deren Einhaltung hat sich Deutschland jedoch als Vertragsstaat schon vor mehr als 30 Jahren verpflichtet.

Bundesregierung in der Verantwortung
Im Koalitionsvertrag hatten sich die Regierungsparteien darauf geeinigt, dass die Kosten der Sprachmittlung für Leistungen nach dem 5. Sozialgesetzbuch (Krankenversicherung) übernommen werden sollen. Für BDÜ-Präsidentin Norma Keßler wäre die Umsetzung dieses Vorhabens „ein erster Schritt in die richtige Richtung“. Der Verband hat dazu ein praktikables Modell entworfen und auch schon in den Gesundheitsausschuss des Bundestags eingebracht. Damit würde eine rechtssichere Gesetzeslage geschaffen, die auch das Kinderdolmetschen – zumindest in Praxen und Krankenhäusern – verhindert. Nun ist jedoch bereits mehr als die Hälfte der Legislaturperiode verstrichen, ohne dass das Bundesgesundheitsministerium auch nur einen Referentenentwurf vorgelegt hätte.

Folgerichtig schließt sich der BDÜ in seinen Verbandsfarben dem weltweiten Unicef-Motto #TurnTheWorldBlue an und fordert den Schutz der Rechte von Kindern und Jugendlichen und ein Ende des Einsatzes von Kinderdolmetschern.

Weiterführende Informationen:

BDÜ-Positionspapier zum Kinderdolmetschen / On Child Language Brokering
(deutsche und englische Fassung)

BDÜ-Forderungspapier zur Integration Nicht-Deutschsprachiger in das deutsche Gesundheitssystem durch qualifizierte Sprachmittlung und FAQ


Über den Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V. (BDÜ)
Der BDÜ ist mit mehr als 7.500 Mitgliedern der größte deutsche Berufsverband der Branche. Er repräsentiert etwa 80 Prozent aller organisierten Dolmetscher und Übersetzer in Deutschland und setzt sich seit 1955 für die Interessen seiner Mitglieder sowie des gesamten Berufsstands ein. Eine BDÜ-Mitgliedschaft stellt ein Qualitätssiegel für professionelle Leistungen im Übersetzen und Dolmetschen dar, da eine Aufnahme in den Verband nur mit entsprechender fachlicher Qualifikation möglich ist. Die als Kommunikationsexperten bundesweit für rund 90 Sprachen und eine Vielzahl von Fachgebieten gefragten BDÜ-Mitglieder sind in der Online-Datenbank auf der Verbandswebsite schnell und einfach zu finden.
 

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