75 Jahre Grundgesetz: Garantierte Grundrechte – auch in Bezug auf Sprache?

Demokratie feiern und schützen / BDÜ gegen Diskriminierung und Menschenfeindlichkeit / Anspruch auf Übersetzung und Verdolmetschung durchsetzen

Berlin, 22. Mai 2024 – Am 23. Mai 1949 wurde feierlich die von den 61 Vätern und 4 Müttern des Grundgesetzes (Parlamentarischer Rat) ausgearbeitete Verfassung der Bundesrepublik Deutschland verkündet. Dieses Datum jährt sich 2024 zum 75. Mal: Anlass, die darin festgeschriebenen Grundrechte gebührend zu feiern. Vor allem aber auch, sich ausdrücklich zu ihnen zu bekennen und sie als Grundpfeiler der Demokratie zu schützen und zu verteidigen – was gerade in Zeiten der Bedrohung und versuchten Angriffe auf die demokratischen Werte von unterschiedlichen Seiten eine umso wichtigere Aufgabe ist.

Artikel 3 Grundgesetz: Keine Diskriminierung aufgrund von Sprache

Für Dolmetscher und Übersetzer ist im Hinblick auf ihre berufsethische Position Artikel 3 Absatz 3 des Grundgesetzes zentral: „Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ (Hervorhebungen BDÜ).

Auf dieses Diskriminierungsverbot weist der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) immer wieder hin, insbesondere wenn es darum geht, den Anspruch auf Übersetzung bzw. Verdolmetschung für Menschen ohne ausreichende Deutschkenntnisse in den unterschiedlichsten Bereichen wie in der Justiz, im Gesundheitswesen, bei Ämtern und Behörden durchzusetzen. So bezieht sich der Verband regelmäßig darauf und fordert auch eine Verankerung dieser Ansprüche und Rechte in verschiedenen Gesetzen, beispielsweise im Bereich Gesundheit oder Polizei.

Dabei kann das Gebärdensprachdolmetschen als bewährte Grundlage für eine Umsetzung herangezogen werden: Aufgrund des Behindertenstatus von tauben bzw. hörgeschädigten Menschen und deren in Artikel 3 Grundgesetz verankerter Nichtdiskriminierung ergeben sich aus dem Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und den Sozialgesetzbüchern Ansprüche auf die Verwendung der seit 2002 in Deutschland als eigenständige vollwertige Sprache anerkannten Deutschen Gebärdensprache im Kontakt mit öffentlichen Einrichtungen wie Behörden und Ämtern, der Justiz und im medizinischen Bereich. Hinzu kommt die gesellschaftliche Teilhabe weit darüber hinaus, etwa in der Schule, am Arbeitsplatz oder bei öffentlichen Veranstaltungen.

Mehr zum Anspruch auf mehrsprachige Kommunikation und gesellschaftliche Teilhabe im BDÜ-Expertengespräch.

Kinderrechte ins Grundgesetz – Kinderdolmetschen abschaffen

Kinder- und Jugendorganisationen fordern seit Langem die explizite Aufnahme von Kinderrechten ins Grundgesetz (siehe auch Initiative des Aktionsbündnisses Kinderrechte). Nachdem ein erster Versuch während der 19. Legislatur gescheitert ist, hat sich auch die aktuelle Bundesregierung die verfassungsmäßige Verankerung von Kinderrechten laut Koalitionsvertrag zum Ziel gesetzt. Geschehen ist diesbezüglich allerdings noch nichts.

Auch der BDÜ befürwortet die Stärkung der Kinderrechte durch Aufnahme ins Grundgesetz. Denn Deutschland hat sich zwar bereits vor mehr als 30 Jahren zur Einhaltung der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet, im Alltag ist diese jedoch nach wie vor nicht in vollem Umfang angekommen. Deshalb fordert der BDÜ auch immer wieder nachdrücklich die Abschaffung des rechtlich und ethisch höchst bedenklichen Kinderdolmetschens, so zuletzt anlässlich des Internationalen Tags der Kinderrechte am 20. November 2023. Diese Praxis gefährdet nicht nur massiv das Kindeswohl, sondern steht auch den Rechten der Angehörigen entgegen, für welche die Kinder und Jugendlichen dolmetschen sollen. Wozu sie aber naturgemäß und erst recht unter den belastenden Umständen nicht in der Lage sind und was ihnen auch nicht zugemutet werden darf. Überhaupt kommt es dazu, weil sich die Eltern mangels Rechtsanspruchs auf Dolmetschen und Übersetzen in sehr vielen Bereichen nicht anders zu helfen wissen. Auch die verantwortlichen Vertreterinnen und Vertreter staatlicher Institutionen und involvierter Nichtregierungsorganisationen sind in der Regel nicht dafür sensibilisiert.

BDÜ: Grund-, Menschen- und Minderheitenrechte sowie demokratische Werte verteidigen

75 Jahre Grundgesetz sind auch für den BDÜ Anlass, sein Bekenntnis zu Demokratie, Menschenrechten und Pluralismus zu unterstreichen. Als Vertretung von Berufen, die dazu beitragen, sprachliche Grenzen zu überwinden und die weltweite Verständigung zu fördern, gehört es zum Selbstverständnis des Verbands, sich auf die im Grundgesetz festgeschriebenen Rechte zu berufen. Genauso aber auch auf die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) sowie die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (AEMR), deren Verkündung vor 75 Jahren schon im vergangenen Jahr gefeiert wurde. Entsprechend heißt es bereits in der Präambel der Berufs- und Ehrenordnung des BDÜ, der sich alle Mitglieder, Funktionsträger und Beschäftigten des Verbands unterworfen haben:

„Die im Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V. (BDÜ) über die Mitgliedsverbände zusammengeschlossenen Dolmetscher und Übersetzer haben sich in dem Bewusstsein ihrer Verantwortung für die Kommunikation über Ländergrenzen und Sprachbarrieren hinweg die nachfolgende Berufs- und Ehrenordnung gegeben.

Dieser liegt der Gedanke zu Grunde, dass Dolmetscher und Übersetzer mit ihren Leistungen maßgeblich zum Austausch der Völker untereinander beitragen, die wirtschaftlichen, politischen und wissenschaftlichen Beziehungen fördern, die Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Geschehen ermöglichen und für jede Person – gleich welcher Herkunft – die Verständigung in ihrer Sprache, insbesondere im medizinischen oder rechtlichen Bereich, sicherstellen.“

Der BDÜ steht für Rechtsstaatlichkeit, Toleranz und Offenheit gegenüber anderen Menschen gleich welcher Herkunft. Daher ist es auch nicht überraschend, dass der Bundesvorstand und die Vorstände der Mitgliedsverbände sich einhellig gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus bzw. gegen Diskriminierung gleich welcher Form ausgesprochen haben. Der Verband verurteilt Menschenfeindlichkeit, Hass und Hetze sowie extreme und extremistische Positionen und Diskurse. Der BDÜ lässt sich und die von ihm vertretenen Berufe nicht zu fremdenfeindlichen Zwecken instrumentalisieren.

Die Berufe des Dolmetschers und des Übersetzers sind von hoher, auch internationaler Mobilität geprägt. Viele BDÜ-Mitglieder haben eine eigene oder familiäre Zuwanderungsgeschichte, wie dies auch in den Schwesterverbänden und der Branche insgesamt gilt. Der Verband lässt eine Spaltung seiner Mitgliedschaft aus niederen Beweggründen nicht zu.

Dieser klaren Positionierung und dem unwiderruflichen Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, die bei der Mitgliederversammlung im April und der Erweiterten Vorstandssitzung im Februar dieses Jahres formuliert wurden, war 2023 ein entsprechender Beschluss für die politische Verbandsarbeit vorangegangen.

 

Über den Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V. (BDÜ)
Der BDÜ ist mit mehr als 7.500 Mitgliedern der größte deutsche Berufsverband der Branche. Er repräsentiert etwa 80 Prozent aller organisierten Dolmetscher und Übersetzer in Deutschland und setzt sich seit 1955 für die Interessen seiner Mitglieder sowie des gesamten Berufsstands ein. Eine BDÜ-Mitgliedschaft stellt ein Qualitätssiegel für professionelle Leistungen im Übersetzen und Dolmetschen dar, da eine Aufnahme in den Verband nur mit entsprechender fachlicher Qualifikation möglich ist. Die als Kommunikationsexperten bundesweit für rund 90 Sprachen und eine Vielzahl von Fachgebieten gefragten BDÜ-Mitglieder sind in der Online-Datenbank auf der Verbandswebsite schnell und einfach zu finden.
 

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