Qualifiziertes Dolmetschen und Übersetzen gibt es nicht zum Nulltarif

Justiz-, Gesundheits- und Gemeinwesen: Staat spart an der falschen Stelle / BDÜ fordert Qualitätssicherung durch Mindestkriterien und angemessene Vergütung / Fokus auf Ehrenamt führt zu De-Professionalisierung des Berufsstands

Es gibt viele Situationen, in denen Menschen ohne ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache ihre Rechtsansprüche nicht geltend machen, aber auch ihren Pflichten nicht nachkommen können: In der Kommunikation mit Justiz, Polizei, Ämtern und Behörden, anderen staatlichen oder teilstaatlichen Institutionen, mit medizinischen Fachkräften in Praxen und Kliniken sowie in Beratungsstellen oder im Bildungswesen sind alle Beteiligten auf eine korrekte, fachlich adäquate und rechtssichere Verdolmetschung von Verhandlungen und Gesprächen bzw. Übersetzung von schriftlichen Texten angewiesen. Nur so ist Rechtsstaatlichkeit gewährleistet und nur so können auch der Staat und seine Vertreter bzw. die Fachkräfte im Gesundheits- und im Gemeinwesen ihren Pflichten nachkommen.

Mit großer Sorge beobachtet der BDÜ seit Langem Entwicklungen, die dazu führen, dass sich gerade in diesen Bereichen die bedenkliche Praxis des Einsatzes von nicht oder nur minimal für diese verantwortungsvollen Aufgaben qualifizierten Laien verfestigt. Hier muss der Staat seiner Verantwortung gerecht werden und den Auf- und Ausbau qualitätssichernder Strukturen zur Bestellung von gut ausgebildeten Dolmetschern und Übersetzern fördern.

In zwei Positionspapieren stellt der Verband entsprechende Forderungen auf und beschreibt umsetzbare Lösungen zur Verbesserung der Situation und folglich zu mehr – fachlicher und rechtlicher – Sicherheit für alle Beteiligten:

Das soeben veröffentlichte Papier Zum „Honorardumping“ durch § 14 JVEG und dessen Folgen: Sparen an der falschen Stelle knüpft an die seit Jahren vorgebrachte Forderung des Verbands nach Streichung des § 14 JVEG (Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz) an. Dieser ermöglicht über Rahmenvereinbarungen Honorare unter den gesetzlich festgeschriebenen Sätzen für Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen in der Justiz. In diesem Positionspapier beschreibt der BDÜ ausführlich, welche weitreichenden Folgen dieses „Schlupfloch“ zur vermeintlichen Kostenersparnis hat, das in viele andere Einsatzbereiche im Gesundheits- und im Gemeinwesen ausstrahlt, die nichts mit Gerichten zu tun haben. Alle Entscheidungsträger müssen sich der Auswirkungen auf die direkt an den Kommunikationssituationen Beteiligten, aber auch auf die Gesellschaft, den Sozial- und den Rechtsstaat bewusst sein.

Das zuvor veröffentlichte Positionspapier Zum „ehrenamtlichen“ Dolmetschen stellt darüber hinaus klar, weshalb der mit einer karitativen Tätigkeit assoziierte Begriff „Ehrenamt“ mit einer professionellen, zur Wahrung von Rechten und Ansprüchen erbrachten Dienstleistung wie dem Dolmetschen nicht zusammenzubringen ist. Denn das vielerorts vom Staat – Bund, Ländern, Städten und Gemeinden – geförderte Konzept der „ehrenamtlichen“ Dolmetschpools oder ähnlicher Strukturen erscheint zwar vordergründig gemeinwohlorientiert und sinnstiftend, befördert aber letztlich die Entwertung eines ganzen Berufsstands. Im Fokus stehen damit nicht die benötigte Qualifikation und Professionalität, die von den Gesprächsparteien erwartet werden, sondern die in der Freizeit erbrachte gute Tat.

In der Folge ziehen sich einerseits die dringend benötigten qualifizierten Dolmetscherinnen und Dolmetscher aus dem Tätigkeitsbereich zurück, weil sie zu den immer niedrigeren Honoraren ihren Lebensunterhalt nicht erwirtschaften können (s. a. BDÜ-Handreichung mit Beispielkalkulationen zu Dolmetschhonoraren im Gemeinwesen). Andererseits bleiben viele in diesen Bereichen tätige Zugewanderte mit in Deutschland selten gesprochenen Sprachen in der „Ehrenamtsschleife“ gefangen, statt eine Entwicklungsperspektive und Qualifizierungsangebote zum Erwerb eines anerkannten Abschlusses zu erhalten, mit dem sie einer steuer- und sozialabgabenpflichtigen Beschäftigung nachgehen und damit einen viel nachhaltigeren gesellschaftlichen Beitrag leisten könnten.


Dolmetscher Übersetzer

Qualifizierte Sprachexperten für mehr als 80 Sprachen und viele Fachgebiete

Seminar-
Angebot

Fachliche und unternehmerische Qualifikation überall in Deutschland

nach oben

mybdue twitter facebook linkedin youtube
×