Unzureichende Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren im neuen Gesetz

Bei Enthaltung der Linksfraktion und gegen die Stimmen der Grünen hat der Bundestag am 16. Mai den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Stärkung der Verfahrensrechte von Beschuldigten im Strafverfahren (17/12578) in der vom Rechtsausschuss geänderten Fassung (17/13528) angenommen. Normiert wird das Recht auf Unterstützung durch einen Dolmetscher oder Übersetzer. Vorschriften der Strafprozessordnung und des Gerichtsverfassungsgesetzes werden punktuell geändert.

Das Bundesministerium der Justiz hatte den Gesetzentwurf vorgelegt, welcher unter anderem der Umsetzung der Richtlinie 2010/64/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Oktober 2010 über das Recht auf Dolmetschleistungen und Übersetzungen in Strafverfahren und der Richtlinie 2012/13/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über das Recht auf Belehrung und Unterrichtung im Strafverfahren dienen soll. Der Bundesverband der Dolmetscher und Übersetzer e.V. (BDÜ) begrüßt grundsätzlich die Umsetzung europäischer Richtlinien, die wesentliche Grundrechte von Beschuldigten und anderen Beteiligten in rechtsstaatlichen Justizverfahren festlegen.

Im vorliegenden Fall ist diese Umsetzung aus unserer Sicht jedoch unzureichend. Leider haben sich in diesem extrem schnell vorangetriebenen Gesetzgebungsverfahren, die Kritiker aus Politik, Justiz und Dolmetscher- und Übersetzerberufsverbänden, und damit auch der BDÜ, nicht durchsetzen können. Es wurde versäumt, die geforderte Qualität von Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen zu normieren oder zumindest notwendige Qualifikationen für Dolmetscher und Übersetzer festzulegen, obwohl die EU-Richtlinie an insgesamt sechs Stellen die Bedeutung der Qualität der Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen in Justizverfahren betont.

Außerdem ist der Satz 5 des § 187 Abs. 2 GVG-E ausdrücklich abzulehnen, der die Möglichkeit einer mündlichen Übersetzung oder Zusammenfassung anstelle einer schriftlichen Übersetzung zum Regelfall macht, "wenn der Beschuldigte einen Verteidiger hat". Der BDÜ hatte in den letzten Monaten in Gesprächen mit Rechtspolitikern mehrerer Fraktionen wiederholt auf diese Probleme hingewiesen und entsprechende Änderungen am Gesetzentwurf vorgeschlagen.

Das Ziel des BDÜ war es darüber hinaus, die Notwendigkeit der schriftlichen Übersetzung bestimmter verfahrensrelevanter Texte, wie z.B. Urteile, festschreiben zu lassen. Im parlamentarischen Prozess wurden diese Bedenken auch geäußert. Über die kritischen Stimmen wurde jedoch ohne breite Diskussion hinweggegangen, was nicht zuletzt dem Eiltempo geschuldet ist, in dem das Gesetzgebungsverfahren vorangetrieben wurde. Bundesregierung und Parlament gehen davon aus, dass die Umsetzung trotz der vom BDÜ angebrachten Bedenken konform zur EU-Richtlinie sei.

Der Wert dieser Einschätzung muss sich nun in der Praxis erweisen. Auch hier plant der BDÜ die Erarbeitung von Instrumenten zur Zusammenarbeit mit Strafverteidigern (Einige Strafverteidiger haben dem BDÜ bereits bei der Erarbeitung der Stellungnahme zum Gesetzentwurf hilfreich zur Seite gestanden). Das neue Gesetz verpasst die Chance, die EU-Richtlinie vollumfänglich umzusetzen und tatsächlich die Verfahrensrechte von Beschuldigten, die der deutschen Sprache nicht mächtig sind, zu stärken. Wie bereits in der Stellungnahme der Neuen Richtervereinigung sowie dem Artikel des BDÜ in der Neuen Juristischen Wochenschrift zu dem Thema betont wird, steht zu erwarten, dass von Seiten der EU Nachbesserungen gefordert werden. Der BDÜ wird in seiner weiteren Arbeit alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel und Kontakte auf Bundes- und EU-Ebene nutzen, um durch die umfassende Umsetzung der EU-Richtlinie mittelfristig eine Verbesserung der Situation zu erreichen.

Quelle: Mitteilung des Bundesvorstands des BDÜ, 17.5.2013


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