BDÜ fordert zukunftsorientiertere Ausrichtung der Staatlichen Prüfungen

Voraussetzung für das Dolmetschen in der Justiz und perspektivisch auch im Gesundheitswesen / Forderungen nach Optimierung der Prüfungs- und Anerkennungsstrukturen sowie nach Überarbeitung der Prüfungsordnungen / Berufsrealität besser berücksichtigen

Zum 1. Januar 2023 ist das Gerichtsdolmetschergesetz (GDolmG) in Kraft getreten, das die Voraussetzungen für eine allgemeine Beeidigung für Dolmetscher in der Justiz harmonisieren soll und nunmehr in der Gesetzgebung der dafür zuständigen Bundesländer umgesetzt wird. Voraussetzung für eine allgemeine Beeidigung ist nun in allen Bundesländern die Staatliche oder eine staatliche anerkannte Prüfung im Dolmetschen. Die im Zuge der Umsetzung des GDolmG aufgetretenen Probleme (siehe auch BDÜ-Meldung) laufen allerdings dem Ziel der Harmonisierung offensichtlich zuwider.

Da eine Staatliche oder staatlich anerkannte Prüfung zudem auch für ein im Koalitionsvertrag der aktuellen Bundesregierung angekündigtes Gesetz zum Dolmetschen im Gesundheitswesen als Qualifikationsnachweis dienen sollte – ohne dass eine parallele Prüfinfrastruktur aufgebaut werden muss –, fordert der BDÜ in zwei Papieren zum einen die Optimierung der Prüfungs- und Anerkennungsstrukturen und zum anderen die Überarbeitung der entsprechenden Prüfungsordnungen. Denn nur in den wenigsten Bundesländern werden solche Prüfungen überhaupt abgenommen. Zudem hat sich die Berufsrealität im Laufe der Zeit immer mehr von den Prüfungsvorgaben entfernt. Seit langem haben die facheinschlägigen Universitätsinstitute und -fachbereiche, auch auf Grundlage von wissenschaftlichen Erkenntnissen, ihre Prüfungsmodalitäten entsprechend angepasst.

Im Forderungspapier zu den Prüfungs- und Anerkennungsstrukturen geht es im Detail um ein möglichst flächendeckendes Angebot an Staatlichen Prüfungen, insbesondere auch für bisher nur selten oder gar nicht geprüfte Sprachen, für die allerdings nachweislich ein hoher Bedarf besteht. Weiter geht das Papier auf die Qualifikation der die Prüfungen abnehmenden Personen sowie die gegenseitige Anerkennung der in anderen Bundesländern abgelegten Prüfungen wie auch anderer als (mindestens) gleichwertig zu betrachtender Qualifizierungsnachweise – z. B. facheinschlägiger Hochschulabschlüsse – ein.

Im Papier zur Überarbeitung der Prüfungsordnungen werden die Zulassungsvoraussetzungen zu den Prüfungen, darunter auch eine Entkoppelung der Dolmetsch- und der Übersetzungskompetenzen voneinander, zur Sprache gebracht sowie eine zeitgemäße, an der Berufsrealität orientierte Anpassung der Prüfbedingungen gefordert, wie dies an den einschlägigen universitären Ausbildungsstätten längst gängige Praxis ist.

Eine an der aktuellen und zukünftigen Berufsrealität ausgerichtete Modernisierung der Staatlichen Prüfungen ist dringend erforderlich, um den hohen Bedarf an Dolmetsch- und Übersetzungsleistungen für Justiz, Behörden und künftig auch das Gesundheitswesen qualitätsorientiert sicherstellen zu können.

Weiterführende Informationen:

Rahmenvereinbarung zur Durchführung und Anerkennung von Prüfungen für Übersetzer und Übersetzerinnen, Dolmetscher und Dolmetscherinnen und Dolmetscher für Deutsche Gebärdensprache und Dolmetscherinnen für Deutsche Gebärdensprache (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 17.12.2020 i. d. F. vom 09.06.2022)

Übersicht über die Prüfungen für Übersetzer und Übersetzerinnen, Dolmetscher und Dolmetscherinnen und Dolmetscher für Deutsche Gebärdensprache und Dolmetscherinnen für Deutsche Gebärdensprache an den staatlichen Prüfungsstellen der Länder im Schuljahr 2022/23 (Veröffentlichung vom 01.12.2022)


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