Sprachexperten für die Justiz: JVEG-Novellierung bleibt für Dolmetscher und Übersetzer unbefriedigend

Bundestag beschließt Änderungen des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts

Nachdem Ende September der lange erwartete Regierungsentwurf für das Kostenrechtsänderungsgesetz (KostRÄG 2021) vorgelegt wurde (s. BDÜ-Meldung), in den allerdings weder die Ergebnisse der Studie zu marktüblichen Honoraren noch die im Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums noch vorhandene Streichung des problematischen § 14 (Rahmenvereinbarungen) Eingang fanden, ging es in diesem Monat Schlag auf Schlag.

Da das Gesetz bereits zum kommenden Jahresanfang in Kraft treten soll, drängte die Zeit auch für die Verbandsvertreter, die Konsequenzen sowie die Bedeutung qualifizierter Dolmetscher und Übersetzer für rechtsstaatliche Verfahren wiederholt deutlich zu machen. Neben zahlreichen Schreiben der Beeidigten-Referate der BDÜ-Landesverbände an die Länderjustizministerien und Parlamentsabgeordneten führte Vizepräsident Ralf Lemster intensive Gespräche und brachte die Argumente des BDÜ bei verschiedenen politischen Entscheidungsträgern auf Bundesebene ein.

Leider blieb die Reaktion des Gesetzgebers – trotz überwiegend positiver, zustimmender Rückmeldungen einzelner Gesprächspartner – unbefriedigend. Zumal der Bundestag am gestrigen 27. November einstimmig Änderungen des Justizkosten- und des Rechtsanwaltsvergütungsrechts – in der Ausschussfassung mit den Beschlussempfehlungen des Rechtsausschusses – beschlossen hat. Demnach gibt es künftig beim Dolmetschen für Einsätze an Sonn- und Feiertagen sowie zwischen 23 und 6 Uhr einen Honorarzuschlag von 20 %, wenn der Einsatz laut Behörde notwendig war; auch wird nicht mehr zwischen Konsekutiv- und Simultandolmetschen unterschieden. Allerdings steigen die Vergütungssätze für Dolmetscher einheitlich lediglich auf 85 Euro/Stunde (bisher 70 bzw. 75 Euro); hier konnten sich die Bundesländer sowohl gegen die im Referentenentwurf vorgeschlagenen 95 Euro als auch den seitens der Regierung vorgeschlagenen Satz von 90 Euro durchsetzen. Zudem bleibt auch § 14 im Gesetz, der weiterhin den Abschluss von Rahmenvereinbarungen ermöglicht und damit einer Minderung der Sätze in der Praxis die Türen öffnet.

Auch bei den Honoraren fürs Übersetzen gibt es überwiegend lediglich leichte Anpassungen nach oben:
Grundhonorar für editierbare Texte: 1,80 (bisher 1,55) Euro/Zeile
erhöhtes Honorar für nicht editierbare Texte: 1,95 (bisher 1,75) Euro/Zeile
Und bei besonders erschwerten Texten:
Grundhonorar für editierbare Texte: 1,95 (bisher 1,85) Euro/Zeile
erhöhtes Honorar für nicht editierbare Texte: 2,10 (bisher 2,05) Euro/Zeile

Einen Entschließungsantrag der FDP-Fraktion mit Zustimmung von Linken und Grünen, u. a. die Honorare der Sachverständigen und Dolmetscher/Übersetzer durch Ankoppelung an einen „sachgerechten Index“ regelmäßig zu erhöhen, lehnte der Bundestag mit den Stimmen der Regierungsfraktionen ab.

Detaillierte Hintergrundinfos zu den Gesprächen der BDÜ-Vertreter auf der politischen Ebene wird MDÜ 5/2020 liefern.

Stellvertretend für die Einlassungen einzelner Abgeordneter zu diesem Tagesordnungspunkt in der Bundestagsdebatte, die hiernachgehört werden kann, zwei Stimmen:

„[…] geht es heute auch um die Vergütungen von Dolmetschern und Sachverständigen. Die werden jetzt doch nicht so erhöht, wie es im ursprünglichen Entwurf vorgesehen war. Aber was noch viel ärgerlicher ist, die Ausnahmevorschrift des § 14 wurde wieder nicht gestrichen, wonach die Länder per Rahmenvereinbarung Dolmetschergebühren unterhalb der gesetzlichen Gebühr vereinbaren können. Gesetzliche Gebühren müssen gegenüber dem Staat auch wirklich Mindestgebühren sein. [Applaus] Auch hier schieben sich Bund und Länder wieder gegenseitig die Verantwortung zu dafür, wer die Streichung wieder verhindert hat.“
Katja Keul, Bündnis 90/Die Grünen

„Enttäuschend ist die Situation für die Dolmetscher und auch für die Sachverständigen. Die Streichung der Möglichkeit, Rahmenverträge mit Sprachmittlern zu vereinbaren, hat gar nicht erst Eingang in das Gesetz gefunden. Dabei war in einem früheren Entwurf noch gesehen worden, dass diese Verträge immer wieder als Druckmittel missbraucht werden. Wer keinen günstigen Rahmenvertrag schließt, dem wird der Zugang zu Aufträgen der Justiz von Vorneherein insgesamt verwehrt. Auch das Vorhaben, den Justizrabatt, den Sprachmittler und Sachverständige gewähren müssen, abzuschaffen, ist auf den letzten Drücker herausgestrichen worden. Wir hätten es richtig gefunden, wenn auch die Justiz Marktpreise zahlt [Applaus] Auch, damit besonders qualifiziert Sprachmittler und Sachverständige sich nicht von der Justiz abwenden.“
Katrin Helling-Plahr, FDP


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